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Von Papen: „Uns fehlen die Zockertypen!“

Nachwuchs-Bundestrainer Henning von Papen im Gespräch

14.11.2001

Henning von Papen hat keinen leichten Job. Vor allem dann, wenn es gilt, aus einer wenig überzeugenden Bilanz Positives abzugewinnen. Die Rede ist von einem der größten Sorgenkinder der deutschen Leichtathletik, dem Mittel- und Langstreckenlauf. Sparte männlich wie weiblich. Olympiasieger Dieter Baumann steht derzeit (noch) nicht zur Disposition, Irina Mikitenko hat ausgerechnet im WM-Jahr verletzungsbedingt ihre Medaillenhoffnung zeitig begraben müssen. Die Mehr-Runden-Distanzen auf der Bahn wissen zwar um ein Talent namens Wolfram Müller, doch der 20jährige aus Pirna braucht selbst als Junioren-Europameister und Junioren-WM-Zweiter noch geraume Zeit, um international auch bei den Männern einen starken Part zu spielen. Doch es ist nicht alles Müller. Wo sind sie, die jungen Hoffnungsträger an der Schwelle des 21. Jahrhunderts? Wie sieht es um die Stärke unseres laufenden Nachwuchses aus? Henning von Papen winkt mit leichter Resignation ab. Er hat schon viele Kommen und Gehen sehen. Vor allem Gehen, denn der Kölner ist schon nahezu zwei Jahrzehnte in der Verantwortung beim DLV und hat schon viele hoffnungsvolle Läufertypen auf- aber leider auch wieder absteigen sehen!

„Mit Wolfram Müller und René Herms haben wir zwei, die als U 23- bzw. U 20-Europameister nahtlos den Sprung schaffen konnten. Dies gilt einmal international in ihrer jeweiligen Altersklasse, aber auch national bei den Aktiven. Aber dahinter ist es sehr dünn, vor allem auf der Langstrecke tut sich praktisch nichts!“ Die Sorgenfalten bei Henning von Papen sind unverkennbar, die Sprache ist deutlich.

Aber von Papen wäre nicht die rheinische Frohnatur, die selbst in ziemlich trister Lage noch einen Hoffnungsschimmer am Horizont sieht. Und diesen nicht zu knapp. Schließlich liefen bei der U 20-EM in Grosseto noch Kerstin Werner (800 m) und Antje Hoffmann (2000 m Hindernis) auf Medaillenränge. In Amsterdam wurde Melanie Schulz (3000 m Hindernis) U23-Europameisterin, außerdem gab es Bronze für Sabrina Mockenhaupt über 10 000 m. Andere wie André Pollmächer (5000 m) und Jan Förster (3000 m Hindernis) machten in Grosseto zumindest auf sich aufmerksam, ebenso wie übrigens auch Christian Köhler (800 m), Franek Haschke (1500 m) oder Alexander Lubina (10 000 m) in der U23-Kategorie. Insgesamt läßt dies doch hoffen. „Betrachten wir einmal Jirka Arndt, der hat praktisch zehn Jahre gebraucht, um als früherer Junioren-EM-Starter (1991, Anm. der Redaktion) seine beste internationale Plazierung in Sydney als Olympiaachter zu erreichen!“ Der Nachwuchs-Bundestrainer möchte dies nicht zur Regel gemacht wissen, doch das Beispiel Arndt zeigt auf, dass Erfolg oftmals lange Wege bedarf. Es sei denn, man heißt Müller und könnte als ausgewiesenes Talent diese lange Wegstrecke rasch und aufsehenerregend verkürzen.

„Unser Problem ist aber“, fasst Henning von Papen das Grundproblem der deutschen Mittel- und Langstrecken auf, „wir haben nicht so lange Zeit zu warten, denn unsere Athletendecke ist oben zu dünn!“ Die Europameisterschaften in München werden zwangsläufig zur Nagelprobe für die deutsche Leichtathletik. Der Bonus „junge Jahrgänge“ könnte so manchem der ausgemachten Talente den Weg zur EM-Teilnahme ebnen, auch wenn selbst diese Limits einem gewissen internationalen Standard entsprechen. Konkret hieße dies: Der nach einem hoffnungsvollen Ansatz praktisch die gesamte Saison ausgefallene Sebastian Hallmann muss als Jahrgang 1977 eine 13:25 über 5000 m laufen, der ein Jahr jüngere Mario Kröckert wäre schon mit einer 13:35 dabei. Die Achillesferse scheint in den Analysen weniger die kürzeren Mittelstrecken zu sein, wo so manche Risikobereitschaft wie bei Franek Haschke belohnt wurde, sondern vielmehr die 5000 m- und 10 000 m-Strecke. „Viele machen das klassische 1500 m-Training und glauben, dann 5000 m- und 10 000 m laufen zu können! Sabrina Mockenhaupt und Alexander Lubina gehen da einen anderen Weg. Und beide sind in der Lage, auch eine ordentliche 1500 m-Zeit zu laufen. Thomas Wessinghage und Dieter Baumann haben dies gezeigt!“

Der Nachwuchs-Bundestrainer sieht durchaus für einige Nachwuchsläufer eine gute Chance, schon in München im Nationaltrikot zu laufen. „Natürlich kommt es nicht von alleine. Die EM im eigenen Land muß Motivation genug sein, sich einmal richtig ‚reinzuhängen‘!“ Für ihn scheitern manche der sogenannten Talente an ihrer persönlichen Einstellung. „Es fehlen die Zockertypen. Dies aber im positiven Sinne! Einem, der versucht, ein richtig dickes Ding zu machen, dem reißen wir bestimmt nicht gleich den Kopf ab, wenn es dann doch nicht klappen sollte. Bei vielen hat man den Eindruck, die deutsche Leichtathletik ruhe komplett auf ihren Schultern! Ein Wolfram Müller nimmt die Beine in die Hand – und läuft eine Weltklassezeit. Auch über 800 m!“

Henning von Papen ist für manchen Spaß da, für manch lockeren Spruch. Aber wenn es ernst wird, dann kennt er kein Pardon und fordert Leistung. Und diese führt nach seiner Auffassung nach nur über „qualitativ gute Rennen“, wie der Kölner die Herausforderung formuliert. Deshalb wird man sich bei der DLV-Junioren-Gala in Mannheim auch von der 5000 m-Strecke verabschieden und stärker auf Rennen in Kassel, Koblenz oder Essen setzen. Aber auch im Verbund mit Athlet und Heimtrainer rechtzeitig prüfen, ob das angestrebte vermeindlich schnelle Rennen im Ausland auch tatsächlich diese Voraussetzungen erfüllt. „Was haben unsere Leute, wenn vorne in Richtung 12:50 angelaufen wird und der Rest im Bereich um 13:10 läuft. Wir sollten lieber auf heimische Rennen setzten und diese so gestalten, dass irgendwann jeder sagen wird: Da muß ich hin!“ Siehe Koblenzer Oberwerth oder Kasseler Auestadion, bei dem unsere „jungen Wilden“ Müller, Lubina und May die Akzente setzten. „Bei den Frauen ist dies ungleich schwerer“, blickt Henning von Papen auf die weibliche Fraktion, „Hier ist unsere Decke derart dünn, dass es nur mit einem gemeinsamen Termin mit den Frauen funktioniert, aber angesichts der Termingestaltung sehr kompliziert!“ Eine feste Größe im Nachwuchs-Förderkonzept bleibt aber der Crosslauf, wo zumindest auf europäischer Ebene mit kompletten Juniorenteams Flagge gezeigt werden soll. So wie Mitte Dezember im schweizerischen Thun. Und hoffen, dass aus einem glanzvollen EM-Auftritt zumindest eine wie Sabrina Mockenhaupt durchkommen kann, die 1997 in Oeiras ihr Schlüsselerlebnis hatte.

Wilfried Raatz (aus LA 46/01)


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